Antrag: Regionale Verarbeitung und Handwerk unterstützen - Kleine Betriebe durch gerechte Gebührensätze entlasten

Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis90/Grünen

Der Landtag wolle beschließen:

Entschließung

In Niedersachsen werden zur Einhaltung der bestehenden Hygiene- und Tierwohlstandards in den ansässigen Schlachtbetrieben, im übertragenen Wirkungskreis Kontrollen durch die kommunalen Veterinärbehörden durchgeführt. Für die Schlachttier- und Fleischuntersuchungen (SFU) werden nach EU-Recht von den kommunalen Veterinärbehörden Gebühren erhoben, welche sich in der Höhe nach dem tatsächlichen Aufwand bemessen.

Da der feste EU-Satz deutlich zu niedrig ist, um den entstehenden Aufwand zu decken, werden in Niedersachsen die SFU-Gebühren individuell nach dem tatsächlichen Aufwand unter Berücksichtigung des Gebührenrahmens nach der „Gebührenordnung für die Verwaltung im Bereich des Verbraucherschutzes und des Veterinärwesens (GOVV)“ als Gebühr pro Schlachttier erhoben.

Da der Kontrollaufwand pro Tier in kleinen Betrieben in Relation größer ist als in anderen Unternehmen, führt dies zu entsprechend höheren Gebühren für Betriebe mit weniger Durchsatz. Diese Skalierungseffekte lassen sich auch im Futtermittelbereich sowie bei Lebensmittelkontrollen beobachten. Allerdings sind in diesem Bereich Höchstbeträge für Klein- und Kleinstbetriebe in der GOVV festgelegt worden.

Als Land Niedersachsen halten wir eine Gebührenordnung, die per se kleinere Schlachtbetriebe stärker belastet als Großbetriebe für nicht zeitgemäß und nicht gerecht.

Der Landtag bittet die Landesregierung, zu prüfen,

  1. inwieweit die Gebührenregelungen im Bereich des Verbraucherschutzes und des Veterinärwesens gebührenaufkommensneutral angepasst werden können, sodass kleine Betriebe mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar noch stärker entlastet werden können,
  2. ob und wie den kommunalen Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsbehörden sowie dem LAVES entstehende Gebührenausfälle erstattet werden können,
  3. wie bei Vorgaben von Mindestkontrollquoten neben der absoluten Zahl der Betriebe auch andere Parameter, wie Jahresumsätze, Anzahl der Mitarbeitenden oder die Größe der Warenströme berücksichtigt werden können.

Begründung

Das lebensmittelverarbeitende Handwerk kämpft zurzeit mit einer Vielzahl an Problemen.  Insbesondere in dörflichen Regionen müssen seit Jahren große Anstrengungen bei der Gewinnung von Auszubildenden und bei der Klärung der Betriebsnachfolge unternommen werden. Gleichzeitig wachsen die staatlichen Anforderungen in Bezug auf Ausstattung und Hygienevorschriften mit jeder Betriebsübergabe. Verändertes Einkaufverhalten und eine zum Teil wachsende Preissensibilität sorgt zudem für Anpassungsdruck. In dieser ohnehin schwierigen Ausgangssituation sorgen die Auswirkungen des Ukrainekrieges für weitere Belastungen. Gestiegene Rohstoffpreise, insbesondere aber die Kosten für Energie machen dem verarbeitenden Handwerk zu schaffen. Im Flächenland Niedersachsen haben die Entwicklungen der letzten Jahre dazu geführt, dass in einigen Regionen nur noch sehr wenige schlachtende Betriebe aktiv sind und auch Bäckereien sowie andere Bereiche des Lebensmittelhandwerks auf dem Rückzug sind.

Die Benachteiligung kleiner Betriebe bei der Kontrollintensität und der Gestaltung der Gebührenhöhe wirkt sich in diesem Zusammenhang zusätzlich negativ aus und gefährdet die wirtschaftliche Existenz kleinerer Betriebe. So beruht beispielsweise der seit vielen Jahren anhaltende Konzentrationsprozess in der Fleischwirtschaft in erheblichem Umfang auf den Kostenvorteilen von Systemen mit hohem bzw. sehr hohem Durchsatz. Dabei geht ein Teil dieser Kostenvorteile auch auf die mengenabhängige Staffelung der Gebühren für die amtlichen Kontrollen von Schlachtbetrieben zurück. Beispielhaft ist hier die Preisspanne der Gebühren in Schlachtunternehmen zu nennen, die bei Schweinen von 50 Cent pro Tier bei besonders großen Betrieben, bis hin zu 30 Euro pro Tier bei kleinen Betrieben variieren kann.

Grundsätzlich erlaubt das EU-Recht den Mitgliedsstaaten, die Höhe der Pflichtgebühren zu verringern, sofern dies „auf objektiver und nichtdiskriminierender Grundlage“ geschieht und es den „Interessen von Unternehmen mit geringem Durchsatz“ oder „traditionellen Methoden der Produktion, der Verarbeitung und des Vertriebs“ dient (Art. 79 Abs. 3 der Verordnung (EU) 2017/625). Um die vorhandene Gewerbestruktur nicht noch weiter zu schwächen, indem durch erhöhte Gebühren Betriebsschließungen befürchtet werden müssen, ist eine Anpassung der Gebührenordnung oder gegebenenfalls externe finanzielle Unterstützung ein zielführender Beitrag. Denkbar ist eine teilweise, mit dem EU-Recht vereinbare, Gebührenentlastung für Kleinbetriebe. Da die Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung von den kommunalen Veterinärbehörden zur Kostendeckung für das hierzu erforderliche Personal benötigt werden, müssten die Gebührenausfälle den betroffenen Kommunen erstattet werden.

Das Lebensmittelhandwerk und die daran angegliederten vor- und nachgelagerten Bereiche leisten nicht nur einen unverzichtbaren Beitrag zur Lebensmittelversorgung der Bevölkerung, sondern stabilisieren auch regionale Strukturen, insbesondere im ländlichen Raum. Besonders vor dem Hintergrund von längeren Transportwegen der Schlachttiere ist zudem unter Tierwohl- und Umweltgesichtspunkten, ein Erhalt der derzeit schlachtenden Betriebe unbedingt zu forcieren.

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